Der Mensch bleibt Mensch

Kein Mensch ist gleich dem anderen.

Wir sollten verstehen, dass wir Individuen sind und kein Mensch mit dem anderen vergleichbar ist. Jeder Mensch hat Wünsche und Ziele, persönliche Interessenschwerpunkte. Wichtig sind Toleranz und Respekt.

Vergleiche zwischen zwei Menschen oder gar Mitgliedern von Gemeinschaften sind nicht möglich.

Dennoch neigen wir dazu zwischenmenschliche Vergleiche anzustellen, um daraus zweifelsfreie Schlüsse des Zusammenlebens, der Verständigung, auch von Konflikten zu verstehen. Zudem auch, dass wir von den uns selbst ausgehenden Ideen andere Menschen in unserem Sinne verändern möchten. Wir haben Überzeugungen. Jeder von uns erlebt seine persönliche Wahrnehmung der Welt, seine eigene Realität. Alles Erleben ist individuell. Wir sehen unsere Sicht auf die Welt durch unsere persönliche „Brille“. Niemand von uns ist in der Lage, alle Wahrnehmungen aus der Umwelt gleichermaßen, also ohne irgendwelche Unterscheidungen, aufzunehmen, weil unsere Wahrnehmungen nur in reduzierter Form abgespeichert werden können und unsere Wahrnehmungssysteme nicht gleichermaßen funktionieren.

Unsere Aufnahmefähigkeit ist begrenzt und zudem kann niemand die Realität so wahrnehmen, wie sie wirklich ist. Um uns nicht zu überlasten hat das Gehirn einen Schutz- und Organisationsfunktion. Alle auf uns einströmenden Informationen filtert unser Gehirn mit einem ausgeklügelten Prozess, um uns nicht zu überlasten, denn es ist schier unmöglich, alle Informationen im anatomischen Speichersystem nutzbar abzulegen. Die verbleibenden und abgespeicherten Informationen sind abrufbar und auch nutzbar. Einige bewusst, andere unbewusst. In diesem Prozess zu berücksichtigen sind die Elemente, die in unserer Kindheit als Grundstein für die Entwicklung, Entfaltung und Lebensgestaltung unserer Persönlichkeit angelegt worden sind. Dazu gehören auch persönliche Einschränkungen. Im weiteren Lebensfortschritt sammeln wir Erfahrungen, die über das zuvor beschriebene Grundelement hinaus unsere Persönlichkeit formen. Das sind Entwicklungsstrukturen unseres Lebens, die uns als Mensch definieren.  Das Ergebnis dieser Prozesse ist die Bildung von individuellen Modellen der Welt, die auch die Unterscheidungen von Mensch zu Mensch abbilden. Wir gehen jedoch davon aus, dass unser Modell das wahre und realistische Bild der Welt darstellt. Genauso agieren und reagieren andere Menschen auch, und zwar mit Überzeugung. Selbstverständlich gibt es auch Schnittmengen dieser Modelle, wo es Übereinstimmungen gibt. Nuancen der Unterschiede bleiben jedoch. Indem wir von unterschiedlichen Modellen sprechen, sollten wir tunlichst vermeiden, dass wir diese Modelle bewerten, sie als gut oder schlecht deklarieren. Weder ist ein Modell positiv noch negativ, sondern im Ergebnis nur ein Modell, das sich von anderen Modellen unterscheidet.

 

Dennoch neigen wir tendenziell dazu, dass wir unser Modell der Welt verteidigen.

Das ist einerseits zwar nachvollziehbar, aber im Ergebnis zwischenmenschlich sehr problematisch, weil die Verteidigungsbereitschaft, für ein Modell einzutreten, gleichzeitig bedeutet, dass wir das andere Modell ablehnen. Ein solches Ablehnungsverhalten führt dazu, dass wir die Welt insgesamt mit der Realität sehr begrenzt verstehen, weil wir von einem persönlichen Anspruch auf das gesamte Weltverstehen beharren. Kein Mensch war und ist in der Lage die gesamte Welt vollständig zu erfassen und zu verstehen, wenn überhaupt, in kleinen Einzelteilen und begrenzt auf den eigenen Horizont. Diese Denk- und Verhaltensweisen führen zu zwischenmenschlichen Konflikten. Wenn wir zwischen den Menschen, also von uns auf andere bezogen, einen harmonischen Umgang pflegen wollen, unnötige Auseinandersetzungen vermeiden möchten, sollten wir das in unserem Leben berücksichtigen.

Gute Beziehungen sind eine sehr wichtige Voraussetzung, das eigene Leben und in Gemeinschaft mit anderen auf der Grundlage von Vertrauen, Wertschätzung und Achtung leben zu können.

 

Schauen wir uns das Miteinander der Menschen an, so wie es heute teilweise stattfindet.

Mobbing, Neid, Hass, Ellenbogenmentalität, kulturelle Konflikte, Gewalt. Der Blick auf Reichtum, Karriere und die Rücksichtslosigkeit. Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen, Egoismus. Der eigene Vorteil ist wichtig, selbst wenn andere Menschen leiden müssen. Kranke Menschen werden als nicht mehr nützlicher Teil der Gesellschaft betrachtet, wie Aussätzige. Sehr viele dieser negativen Verhaltensweisen werden von Menschen blindlinks übernommen und gelebt. Andererseits zeigen andere Menschen, indem sie sich für schwächere Mitmenschen einsetzen, dass solche Denkmuster nicht die gesamte Gesellschaft erfasst haben.

Zunehmende Denk- und Verhaltensmuster

Menschen, mit psychischen Krankheiten werden stigmatisiert. Nur der Starke hat einen Wert für die Gesellschaft. Rassistische Verhaltensweisen und Ausgrenzungsabsichten von Menschen mit anderer Herkunft und Religion inbegriffen. Oftmals sind diese Verhaltensweisen nicht offen, sondern laufen verdeckt im Hintergrund ab. Diese Neigungen haben unsere Gesellschaft erfasst und nehmen zu. Wir finden sie im privaten Bereich, auch innerhalb von Familien, im Berufsleben und schon in Schulen und Kindergärten. Dabei handelt es sich um das bewusste Ausgrenzen von Menschen aus dem persönlichen Umfeld, weil die anderen nicht in das Weltsystem der eigenen Vorstellungen, also in das eigene Weltbild hineinpassen. Sie werden teilweise mit abnormalen Mitteln als system-unpassend bewertet und dementsprechend auch mit aggressiven Methoden verunglimpft, gemobbt und seelisch zerstört. Derartige Ausgrenzungsmethoden führen unweigerlich zu physischen und psychischen Belastungen für diese Menschen. Der damit verbundene Stress verändert die Gesundheit, führt zwangsläufig zu Verhaltensänderungen wie zum Beispiel sozialem Rückzug und Aggressionen. Nicht zu vergessen die dramatischen Einflüsse auf die schulische Leistungsfähigkeit bei Kindern oder den Leistungen am Arbeitsplatz und die zwischenmenschlichen Beziehungen im Allgemeinen.

Damit fällt es Menschen schwerer, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Durch einen Rückzug aus der sozialen Gemeinschaft und den damit fehlenden sozialen Interaktionen, entsteht ein zunehmendes persönliches Schutzbedürfnis, um weiteren Enttäuschungen oder seelischen Verletzungen zu entgehen. Daraus folgend ist ein Verlust des Selbstwertgefühls und des Selbstbewusstseins.

Ein anderes Phänomen, das in den letzten Jahren bei Schülerinnen und Schülern festzustellen ist, sind fehlende Motivation oder auch Lernschwierigkeiten.

Auch sozioökonomische Faktoren sind nicht minder mitentscheidend dafür. Dies wirkt sich von Beginn an auf die schulischen Leistungen aus. Hinzu kommt, dass der vom Bildungssystem sowie dem aus der Gesellschaft entstandene „Bildungsdruck“ ein Stressor ist. Die persönliche Individualität der einzelnen Kinder wird nicht in dem erforderlichen Maße berücksichtigt, ob nun durch eine angemessene persönliche Unterstützung oder gezielten Interventionsmaßnahmen.

 

Konflikte zwischen Erwachsenen sind vielfältig, so beispielsweise Mobbing, Belästigungen, Verunglimpfungen und Stalking oder Hetze, Nachbarschaftskonflikte. Häufig sind Kommunikationsprobleme dafür mitverantwortlich. Aber auch die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, der beruflichen Situation, oder auch Neid. Die Unterschiedlichkeit von Meinungen, Wertevorstellungen oder den Zielen führen gleichfalls zu Konflikten.

Vielfach handelt es sich sogar bei Erwachsenen, genauso bei Kindern auch, um ein wiederholtes und absichtliches, gezieltes Verhalten, andere zu schikanieren und zu erniedrigen. Ein solches unangemessenes Verhalten, das in bedrohlicher Weise erfolgt, wird zwangsläufig negative Auswirkungen haben müssen.

Nicht zu vergessen die damit verbundenen Schwierigkeiten auf die Arbeitswelt und das Lebensumfeld. Das kann letzten Endes dazu führen, dass Menschen aufgrund von Krankheit nicht mehr arbeitsfähig sind und ihnen damit die elementare Basis für ihr Leben, die Lebenserhaltung und ihr Wohlbefinden, sogar ihre Existenz genommen wird. Und dabei ist es den „Tätern“ oftmals gleichgültig, welche Folgen deren Verhalten hat, denn die juristische Konsequenz fehlt häufig oder die Ahndung ist sehr „gemäßigt“.

Eine Gesellschaft kann nur auf einem Fundament begründet sein aus gegenseitigem Respekt, auf der Grundlage von Empathie und auf Vernunft basierendem Verhalten.

Es wird immer deutlicher, dass unsere Gesellschaft sich stark verändert hat und weiter verändert, jedoch in eine Richtung, die besorgniserregende Formen hat.

Derzeit bedrohen noch einige andere Szenarien unsere Gesellschaft, die auch Einflüsse auf das Wohlbefinden und den Zusammenhalt haben. Zu nennen sind hier beispielhaft der Klimawandel, soziale Ungleichheit, zunehmende globale Krisen wie Pandemien und Kriege, aber auch die Wirtschafts- und Sozialpolitik mit Auswirkungen auf die Menschen. Nicht vergessen werden darf der technologische Fortschritt, die damit verbundene rasante Entwicklung von Technologie und künstlicher Intelligenz, und der Angst, dass möglicherweise die menschliche Arbeitskraft nicht mehr in dem bisherigen Umfang gebraucht wird. Viele der zuvor aufgezeigten Aspekte, führen zu deutlichen Veränderungen unserer Gesellschaft, des Menschseins, mit Einschränkungen der Freiheit, der Gleichheit sowie zu Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Im Ergebnis werden diese zunehmenden Entwicklungen auch zwangsläufig zu Veränderungen der menschlichen Psyche führen. Nicht alle Menschen können körperlich, psychisch oder angesichts ihrer reduzierten materiellen Möglichkeiten mit dem Tempo Schritt halten.

Auf der einen Seite führen von außen in die Gesellschaft eindringende Veränderungen zu Problemen, andererseits auch selbst gemachtes, innergesellschaftliches Konfliktpotential. Die häufigste Ursache für psychische Erkrankungen sind inzwischen, jedenfalls nach Veröffentlichung in verschiedenen Quellen, die zunehmenden Belastungen am Arbeitsplatz und zwischenmenschliche Probleme. Deutlich wird, dass häufig die zwischenmenschlichen Konflikte auf menschliche Initiative hin begründet sind. Deshalb ist es so wichtig zu erkennen, dass wir Menschen uns unterscheiden müssen und eine beabsichtigte Gleichmacherei überhaupt nicht möglich sein kann.

Dennoch entsteht der Eindruck, dass es manchmal eine fixe Idee zu sein scheint, alle Menschen in eine „Schablone“ pressen zu wollen, mit dem Ziel, aus allen Menschen einen einzigen Klon zu entwickeln. Aber ein solches Ergebnis wäre völlig unsinnig und nicht auszudenken, was aus unserer Welt werden würde, wenn wir eine Sichtweise auf die Welt bei allen Menschen gleichermaßen vorfinden würden. Erfindungen, Kreativität, Vielfältigkeit, intellektuelles Wachstum, unterschiedlicher Ideenreichtum und Weiterentwicklungen wären ausgeschlossen. Gerade die Unterschiedlichkeit der Menschen bietet enorme Chancen für unsere Zukunft. Wir können uns nur weiterentwickeln, wenn wir alle Menschen am Entwicklungsprozess, ganz nach den individuellen Möglichkeiten, teilhaben lassen.

Die menschliche Gemeinschaft bildet sich nicht als eine Masse ab, sondern aus ganz vielen einzelnen Elementen und Unterschieden, die dann ein Ganzes bilden. Und zwar nach jeweiligen persönlichen Möglichkeiten und Vorstellungen, also konkret, nach dem einzelnen Modell der Welt.

In diesem Zusammenhang sind zwingend auch die persönliche Herkunft, der kulturelle Hintergrund, die Lebenserfahrungen, die Talente, aber auch die Vorlieben und Ziele einzubeziehen.

Nur die Toleranz und die Akzeptanz dessen, ebenso der persönliche Respekt vor den menschlichen Möglichkeiten eines jeden einzelnen erlauben uns das Leben innerhalb dieser Gemeinschaft zu erfahren und zu gestalten.